Heute bin ich beruflich in Deutschland und bleibe für eine Nacht. Da in Baden-Württemberg seit vergangener Woche 2G gilt und in Hotels zur Übernachtung ein PCR-Test verlangt wird, absolvierte ich - gestern schon - einen solchen.
Es begann über Mittag. Wir reisten zu dritt; meine beiden Kollegen sind geimpft. Sie waren sehr solidarisch, und so holten wir eine Take-Away-Pizza und assen diese draussen. Ich war sehr dankbar dafür, und gleichzeitig merkte ich, wie ich labil wurde.
Wir arbeiteten dann weiter. Gegen Abend suchten wir das Hotel auf, um einzuchecken. Ich musste meinen Test vorweisen. Auf Nachfrage hin erfuhr ich, dass ich im hoteleigenen Restaurant kein Essen und am Folgetag auch kein Frühstück bekommen würde. Es war möglich, das Frühstück aufs Zimmer zu bestellen, und ich musste dafür einen Zettel ausfüllen. Die beiden Rezeptionisten waren höflich, aber teilnahmslos. Nichts in die Richtung: "Wir werden unser Bestes tun, dass Sie sich in dieser Situation, die für uns alle schlimm ist, wohl fühlen, und bringen Ihnen einen extra heissen Kaffee" oder so. Nichts. Gleichzeitig lief im grossen Bildschirm hinter der Rezeption eine Nachrichtensendung, in der die Ankündigung zu sehen war, dass der bayrische Ministerpräsident eine allgemeine Impfpflicht anstrebt.
In diesem Moment war ich um meine Maske froh. Sie verbarg meinen Mund und meine Bedrückung. Meine beiden Kollegen bekamen es natürlich mit und drückten ihr Bedauern aus.
Als ich aufs Zimmer kam, brach ich zusammen. Es dauerte nur 10 Minuten, und ich fasste mich wieder. Ich musste auch, da wir kurz darauf abgemacht hatten, um einen Ort im Städtchen zu besichtigen.
Nach dieser Besichtigung waren meine Kollegen unschlüssig, was passieren solle. Ich nahm es in die Hand, sagte ihnen, dass ich jetzt ins Hotel zurückgehen würde und sie essen gehen sollten. So trennten wir uns. Ich kam an einem asiatischen Take-Away-Restaurant vorbei und nahm eine Suppe und gebratene Nudeln mit. Das verzehrte ich dann im Hotel.
Es ist wie ein schweigendes Bezeugen dessen, was im Moment passiert. Da ist etwas im Gang, was unaufhaltbar scheint. Eine Walze, die über die Lande geht und alles kaputt macht.
Oft habe ich mich bei geschichtlichen Ereignissen gefragt: wie ist es bloss möglich, dass die Leute, dass ganze Länder scheinbar widerstandslos gewissen Ideologien gefolgt sind? Nun kann ich es mir besser vorstellen. Und mir scheint, ich bin mitten in einer solchen Zeit. Die Umstände sind ganz anders als in geschichtlichen Ereignissen, und somit sind direkte Vergleiche schwierig. Aber der "Geist", die Mechanismen sind dieselben.
Jetzt, alleine in meinem Hotelzimmer, bin ich ruhig. Ich fühle mich verbunden mit meiner eigenen Welt. Hier, im Hotelzimmer, kann ich sein und atmen. Morgen werde ich das Frühstück hier essen. Und dann gibt es einen neuen Tag. Einen neuen Tag in dieser Welt, in der Machenschaften umhergeistern, denen ich und viele andere Menschen werden begegnen müssen.