WOZ - die Fortsetzung

Für heute schreibe ich Euch die Antwort eines WOZ-Redaktors auf meinen Brief sowie meine Antwort darauf auf. 

 

Sehr geehrter ...

Danke nochmals für Ihren konstruktiven Brief.

Ich kann - offen gesagt aus zeitlichen Kapazitätsgründen - nicht mit Ihnen in eine inhaltliche Debatte treten. Nur so viel: Ich bin mit Ihnen in drei Punkten nicht einverstanden: Zum einen trifft es nicht zu, dass die Impfung nichts nützt. Es gibt Impfdurchbrüche, aber Geimpfte infizieren sich deutlich seltener mit dem Virus und geben es entsprechend auch weniger weiter. Zum anderen scheint es mir, dass Sie viel über Ihre eigene Situation schreiben, es gibt aber auch die Situation von Leuten mit Vorerkrankungen - auch junge Leute, die ich kenne - die ihr Immunsystem nicht so stabilisieren können wie Sie. Sie sind darauf angewiesen, dass das Virus eingedämmt wird. Und dann ist da auch das Pflegepersonal, das derzeit wieder unter Dauerbelastung vorwiegend Ungeimpfte pflegen müssen. Schliesslich bin ich auch dezidiert der Meinung, dass wir nicht gleich berichten wie die NZZ: Wir thematisieren die Pharmaprofite, die Frage nach dem Datenschutz beim Covidzertifikat, die Frage der Grundrechte und haben auch die möglichen Nebenwirkungen von Impfungen thematisiert. Die NZZ wollte ein Jahr lang alles offen lassen, damit keine Entschädigungen gezahlt werden müssen. 

Wo ich mit Ihnen einer Meinung bin ist, dass vernünftige Massnahmen-Kritiker:innen zu oft schubladisiert werden, statt dass man nüchtern die eigene Sicht entgegenhält  - da hat es vielleicht auch der WOZ manchmal an Fingerspitzengefühl gemangelt.

Und zuletzt noch dies: Ich lese die NZZ oder die Financial Times, ohne Ihre Meinungen zu teilen - einfach weil es gute Zeitungen sind. Vielleicht bringt Ihnen die WOZ einen Mehrwert, auch wenn Sie nicht immer die Meinungen teilen. Dieser Entscheid liegt jedoch bei Ihnen. Ich kann nur sagen, dass ich mich freuen würde, wenn wir Sie weiterhin zu unseren Abonnent:innen zählen könnten.

Viele Grüsse!

W.

 

 

... und hier meine Antwort:

 

  

Sehr geehrter Herr W.

 

vielen Dank für Ihre Antwort per Email vom 1. Dezember. Ich schätze es, dass Sie sich die Zeit genommen haben, um auf meinen Brief vom 14. November einzugehen. Gerne bespreche ich die Argumente, die Sie vorbringen.

 

Sie schreiben, dass Sie in drei Punkten nicht mit mir einverstanden sind. Als ersten Punkt nennen Sie: „Zum einen trifft es nicht zu, dass die Impfung nichts nützt.“ In meinem Brief hatte ich folgendes geschrieben: „Das Virus kann von Geimpften ebenso wie von Ungeimpften übertragen werden. Die Viruslast ist dieselbe. Die Dauer der Ansteckung ist anders. Somit kann ich im Zertifikat keine Sicherheit erkennen.“ Das ist eine ganz andere Aussage. Ich habe den Nutzen der Impfung bezüglich des Übertragungsrisikos in Frage gestellt und hierbei den gegenwärtigen Stand wissenschaftlicher Studien zusammengefasst. Ich habe nicht geschrieben, dass die Impfung nichts nützt. Bei allem Respekt: ist dies nicht gerade ein Beispiel für die Schubladisierungen, die ich thematisiert habe? Und ist dies nicht ein gutes Beispiel, dass man viel genauer und differenzierter hinschauen müsste? 

 

Als zweiten Punkt führen Sie an: „Zum anderen scheint es mir, dass Sie viel über Ihre eigene Situation schreiben, es gibt aber auch die Situation von Leuten mit Vorerkrankungen - auch junge Leute, die ich kenne - die ihr Immunsystem nicht so stabilisieren können wie Sie. Sie sind darauf angewiesen, dass das Virus eingedämmt wird.“ Damit steht die Frage nach der Solidarität im Raum. Eine wichtige Frage, ohne Zweifel! Gleichzeitig hat der Begriff Solidarität zwei Seiten, und es ist enorm wichtig, genau hinzuschauen, wofür er gebraucht wird. Wir wissen beide, unter was für problematischen Umständen der Begriff der Solidarität im 20. und 21. Jahrhundert verwendet wurde. Er ist zum Beispiel das klassische Argument, das einem Pazifisten in der Kriegssituation entgegengehalten wird: weigert er sich, am Krieg teilzunehmen und Menschen zu erschiessen, so ist er unsolidarisch mit seinen Mitmenschen. Er „denkt nur an sich“. Er verhindert den Kampf für die Freiheit für sein Volk. – Das Problem ist jedoch nicht, dass der Kriegsverweigerer unsolidarisch ist, sondern dass er erkennt, dass der geführte Krieg selbst ein ungeeignetes Mittel zur Erlangung der Freiheit ist. Die Parallelen im Vokabular, das Ungeimpften entgegengehalten wird, die in der Impfstrategie selber das Problem erkennen und vor den Gefahren der Installation einer elektronischen Überkontrolle warnen, sind erstaunlich – und erschreckend.

 

Im Fall von Covid-19 wurden seit dem Beginn der Pandemie nie alternative Sichtweisen auf die Pandemiebekämpfung und später auf die Impfung ernsthaft in die öffentliche Diskussion in Bundesrat und Parlament einbezogen. Im Gegenteil war es auffallend, wie in den Medien sogleich das Wort „Verschwörungstheorie“ auf alles angewandt wurde, was an Kritik laut wurde. Eine bequeme Möglichkeit, sich der Kritik zu entledigen! Ein weiteres beliebtes Wort ist das der „Wissenschaftsfeindlichkeit“ von Impfkritik. „Die“ Wissenschaft gibt es jedoch nicht in diesem Fall. Was es gibt, ist eine vorherrschende Meinung und eine Minderheit von Ärzt*innen und Virolog*innen, deren Forschung ganz andere Ergebnisse zutage fördert. Diese Forschung wird jedoch nicht berücksichtigt, ja scheinbar sogar aktiv unterdrückt. 

 

Wenn innerhalb eines solchen Szenarios dann das Vokabular von „Solidarität“ und „Freiheit der Mehrheit“ bedient wird, läuten bei mir alle Alarmglocken. Bei Ihnen nicht? Noch mehr läuten sie, wenn die Solidarität bedeutet, dass die Minderheit (möglicherweise) gezwungen wird, gegen ihre ureigenste Intuition zu handeln. Dann sind wir nicht mehr weit entfernt von dem Beispiel mit dem Pazifisten und dem Krieg. 

 

Was mein persönliches Verhalten angeht, so scheint mir, dass ich mehr echte Solidarität an den Tag lege als so mancher Geimpfter: ich reise im Moment nicht, besuche keine Grossveranstaltungen, halte mein Sozialleben auf einem vernünftigen Pegel, trage die Maske, und als ich an Covid-19 erkrankt bin, habe ich mich sofort in Isolation begeben und niemanden angesteckt. Warum dieses Verhalten unsolidarischer sein soll als dasjenige eines geimpften Menschen, der sich in Scheinsicherheit wiegt, keine Vor- und Rücksicht mehr walten lässt, munter in die Ferien fliegt, an maskenfreien Veranstaltungen teilnimmt und so möglicherweise das Virus im grossen Stil weitergibt, ohne es zu bemerken, leuchtet mir nicht ein. Eine solche „Solidarität“ ist eine Farce.

 

Schliesslich: das Pflegepersonal, das Sie als dritten Punkt vorbringen. Das ist ein Problem, da stimme ich Ihnen zu. Ich habe relativ viele (Spital-)Ärzte und Pflegende in meinem Bekanntenkreis. Was ich von dort aus erster Hand höre, relativiert die Situation etwas, zumindest was das Verhältnis von Geimpften und Ungeimpften angeht. Zugleich ist offensichtlich, dass die Arbeitsbedingungen schlecht bzw. die Intensivpflege enorm anstrengend ist. Dieses Problem muss angeschaut werden. Dabei spielt meines Erachtens neben der Frage der Impfung die nach der Lohnsituation von Pflegenden bzw. nach den generellen Arbeitsbedingungen eine sehr grosse Rolle. Ich bin sicher, da gibt es sehr viel Luft nach oben – wenn der Wille für eine Lösung da ist.

 

Damit komme ich zurück zur WOZ: Für mich geht es nicht um Fingerspitzengefühl. Ich kann eine gute Portion intelligenten Sarkasmus problemlos vertragen. Mir geht es um die Ausgewogenheit und um das Hinterfragen. In der Ausgabe vom 2. Dezember findet sich das Interview mit Hansjakob Furrer. Es ist ein gutes Interview, und er drückt sich auf seine Weise durchaus differenziert aus. Aber natürlich gibt er seinem Unverständnis für die Impfkritik eindeutigen Ausdruck. Wann wird in der WOZ ein ebenso sachlich geführtes Interview mit einem impfkritischen Arzt erscheinen?

 

Es gibt so viel zu thematisieren:

  • alternative medizinische Sichtweisen von mRNA-Impfungen
  • mögliche Langzeitschäden aufgrund von mRNA-Impfungen
  • wie sinnvoll sind Impfungen in einer Pandemiesituation?
  • der Wert der Durchseuchung
  • Soziale Auswirkungen: was geschieht mit Menschen, die aufgrund ihrer Impfüberzeugung ihre Arbeitsstelle bereits verloren haben?
  • Was geschieht mit Menschen, die ihre Arbeitsstelle verlieren werden, falls eine 2G-Regelung eingeführt wird?
  • Das Recht auf körperliche Unversehrtheit
  • Alternative Verständnisse von Krankheit und Gesundheit
  • Der Begriff „Verschwörungstheorie“ als politisches Kampfmittel
  • Die menschliche Ebene: Portraits von Menschen, die sich nicht impfen lassen wollen
  • Der Wert von Toleranz und individuellen Entscheidungen für eine Gesellschaft

Mit herzlichen Grüssen

 

X.Y. 😀